ALLES NEU BEIM SERVER 2019?
Martin Buchmann im Interview
Der Windows Server 2019 ist da und das bedeutet vor allem eines: Cloud. Im Interview berichtet goldsteps-Trainer Martin Buchmann, welche Änderungen gegenüber der 2016er Version auffallen, warum ein direktes Wechseln für Unternehmen nicht zwingend sinnvoll ist und was das von ihm geleitete Microsoft Intensivtraining in dem Zusammenhang so besonders macht.
Hallo Martin. Sag mal, was sind denn eigentlich die größten Neuerungen des Servers 2019 gegenüber der 2016er Version?
Also grundsätzlich gibt es die größten Neuerungen so eigentlich nicht. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung von 2016. Was ich dazu aber sagen kann, ist Folgendes: Microsoft hat vor, mit diesem neuen Betriebssystem, diesen Rechner noch mehr in die Cloud einzubinden. Das bedeutet:
- Es werden viele Cloud-fähige Anwendungen neu zu installieren sein.
- Es wird eine sehr, sehr starke Anbindung an Azure geben. Azure ist die Cloud von Microsoft.
Die größten Neuerungen aber liegen eher darin, dass Verbesserungen an Teilkomponenten vorgenommen worden sind, z..B.
- am Active Directory und der Anbindung wiederum in die Cloud
- der DHCP Server ist stabilisiert worden
- man kann Software defined Networks einstellen. Das bedeutet man kann z.B. bei Netzwerkkarten, die man virtuell erstellt, besser teamen.
- Man kann deutliche Verbesserungen in der Sicherheit sehen.
Den Punkt Sicherheit erkläre ich mal anhand eines Beispiels: Wenn man Hyper-V betreibt, dann kann man bestimmte virtuelle Maschinen sehr, sehr gut sichern. Das bedarf aber einer gründlichen Einarbeitung in das Scripting, was man z.B. mit PowerShell machen kann.
Ich nehme erstmal mit: Der Server 2019 ist kein völlig neues Produkt, sondern im Grunde die Weiterentwicklung von 2016.
Korrekt. Und die Frage für unseren Unterricht ist dann: Welche Dinge kann der normale Kunde im Mittelstand eigentlich nutzen? Bindet er sich jetzt sofort an die Cloud, nur weil es den Server 2019 gibt? Das glaube ich nicht.
Ich kann also stattdessen zeigen, welche Neuerungen es grundsätzlich gibt und demonstrieren, welche Verbesserungen es in einigen Sparten gibt. Aber ich denke, es ist eigentlich nicht das Ziel des Mittelstandes, nun große Rechenzentren damit zu betreiben. Was man vielleicht auch sagen kann: Die PowerShell-Bedienung, also das Scripting bei so einer Maschine, läuft im Wesentlichen darauf hinaus, dass man sagt: Wir wollen das neue Betriebssystem eigentlich im großen Stil in Rechenzentren einsetzen.
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Der Server 2019 ist ja Ende letzten Jahres auf den Markt gekommen. Für wen kannst du den Umstieg darauf empfehlen und wann?
Wenn ich offen sein soll, würde ich den Umstieg noch nicht machen. Das Problem ist: Der Server 2019 ist gerade frisch ‚raus und einige Firmen setzen ihn schon ein. Aber Microsoft hat einige Schwierigkeiten gehabt, weil Windows 10 Schwierigkeiten hatte.
Was hat das damit zu tun? Windows 10 und Windows Server 2019 sind von der Basis her identisch. Und Microsoft hat es sehr lange nicht geschafft, dort die richtigen Einstellungen, die richtigen Module so einzupflegen, dass das funktionsfähig ist. Wenn ich das für eine Firma produktiv einsetzen möchte, würde ich erst einmal auf ein Release 2 warten. Das heißt: Es gibt Kunden, die machen es sofort, die testen vor. Und wenn das dann gefixed ist, dann würde ich es auch im Mittelstand einsetzen.
Es hilft aber schon, sich damit zu beschäftigen, um einfach zu wissen: Was kommt da überhaupt? Aber die Kinderkrankheiten sollten sich erstmal auswachsen...
Genau. Ich gebe mal ein Beispiel für eine solche Kinderkrankheit: Wenn man diesen Server verwalten will, dann gibt es eine neue Oberfläche dafür. Das ist nicht mehr der Server Manager, der wird langsam abgelöst. Es gibt das sog. Admin-Center, das wir im Vorkurs bereits ausprobiert haben. Das ist aber noch nicht so stabil und gut, dass man den Alltag damit komplett verwalten kann. Und ich habe kürzlich gelesen, dass das Admin Center auch gar nicht dafür gemacht ist, den Server Manager zu ersetzen. Vielmehr sollen die Tools parallel benutzt werden. Das ist zwar etwas problematisch, da ich immer wissen muss, was ich mit welchem Tool machen kann, aber das ist z.B. etwas, das ich zeigen kann.
Um eine neue Funktionalität noch einmal heraus zu greifen, lass uns über Azure sprechen. Es soll ja beim Server 2019 ziemlich einzigartige Hybridfunktionen mit Azure geben. Kannst du das noch etwas genauer erläutern und erklären, was das für die Unternehmen und ihre Administratoren bedeutet?
Zunächst muss man wissen: Azure ist eine cloudbasierte Bereitstellung von Diensten – grob gesagt. Wenn ein Unternehmen lokal Server fährt, nennt man das on-premise. Der Server 2019 kann nun diesen Übergang von on-premise (ich habe alles bei mir) + Cloud (ich gebe alles ab). Das ist praktisch hybrid in dem Sinne, dass ich jetzt beides fahren kann. Ich kann z:.B. eine Domäne bei mir on-premise halten und einen Teil z:.B. das Backup dieser Domäne in der Cloud haben.
In unserem Microsoft Intensivtraining machen wir Administratoren fit, mit dem Windows Server umzugehen. Der nächste Kurs startet im September und wird auch schon einige Neuerungen der 2019er Version einbeziehen. Kannst du beschreiben, wie der Unterricht abläuft? Es ist schließlich kein Kurs der speziell auf Zertifizierungen hin arbeitet.
Korrekt. Im Arbeitsalltag kann man nicht viel ausprobieren, weil die lebenden Systeme empfindlich sind. Das heißt, wenn ich diese Systeme zum Abstürzen bringe oder eine neue Domäne aufsetze, dann geht das nicht so einfach. Solche Dinge kann ich im Kurs aber durchaus zeigen.
Der Fokus liegt also nicht so sehr auf den Grundlagen. Wir beschäftigen uns eher damit, welche Spitzfindigkeiten man z.B. in irgendwelchen Setups finden kann oder wie man die Sicherheit erhöhen kann.
Außerdem werden wir Übungen machen: Wie kann man ein System zentral steuern? Da gibt’s das Stichwort: Gruppenrichtlinien. Viele, viele Admins, die ich kennengelernt habe, tun sich damit schwer. Denn es gibt tausende von Einstellungen – 10.000 bis 20.000 Einstellungen. Die kann man natürlich nicht alle in einem Kurs durchnehmen. Was ich versuche zu vermitteln ist das Prinzip. Wie funktioniert das mit den Gruppenrichtlinien? Wie steuere ich das Ganze? Das zeige ich an gut ausgewählten Beispielen.
Ich gebe viele Impulse, wie ich z.B. meine Netzwerkadministration zentral halten kann. Und wenn ich schließlich das Prinzip verstehe, dann weiß ich auch wie ich Verschiedenes dieser 30.000 Dinge umsetzen kann.
Tatsächlich geht es um Dinge, die aus dem Leben eines Administrators gegriffen werden...
Genau. Es kommen auch häufig Fragen von Teilnehmern nach bestimmten Dingen und ihrer Richtigkeit. So etwas können wir gut diskutieren. Ich kann teilweise Sachen zeigen, bei denen die Teilnehmer staunen, was da alles noch geht.
Man darf also gespannt sein. Möchtest du sonst noch irgendetwas zum Windows Server 2019 loswerden?
Ja, denn es ist interessant: Wenn ein neues Betriebssystem aufkommt, dann stürzen sich alle sofort darauf. Was ich in meiner 20-jährigen Trainerzeit hier aber gesehen habe ist, dass viele noch nicht einmal annähernd das alte System beherrschen. Darum möchte ich gerne, dass die Teilnehmer so eine Art von Grundwissen mitkriegen und sehen, dass sie beim alten System auch noch nicht alles verstanden haben. Und erst dann versuche ich das zu übertragen auf den neuen 2019er.
- On 15. Juli 2019